Wenn unsere Köpfe zu Saisonbeginn Achterbahn fahren mit all den wunderbaren Nähideen, wird es schwierig, ein Projekt tatsächlich zu Ende zu bringen. Viel zu verführerisch, dieses andere Ding wenigstens schon mal zuzuschneiden …
Aber auch der ganz alltägliche Wahnsinn läßt nicht bereitwillig Zeit, Nähprojekte geschmeidig zu Ende zu bringen.
Was also tun? Gibt es eine Strategie, mit der frau totsicher jedes angefangene Nähprojekt zu Ende bringt?
NEIN. Es gibt nicht DIE Strategie. Wirksame Strategien müssen auf Ihre Persönlichkeit abgestimmt sein.
Aber: JA, es gibt eine Lösung und die wird bestimmt von 3 Haltungen: Disziplin, Mut und Nachsicht.
Große Worte, was?
Aber schauen wir doch mal genauer auf die Situation:
Was hält uns am häufigsten ab, ein Nähprojekt umzusetzen und fertigzustellen? Entweder sind es die Belastungen des Alltags oder Schwierigkeiten mit dem Objekt.
Wie kommt da jetzt die Disziplin ist Spiel? Die ist immer dann gefragt, wenn wir eigentlich zu müde, zu genervt, zu involviert sind, um uns noch aufzuraffen. Genau dann ist der innere Drill Sergeant gefragt, der eine so rüde als nötig an die Maschine oder den Zuschneidetisch befiehlt.
Oft verfliegt die Anspannung des Tages, wenn frau sich erstmal aufgerafft hat und das Nähen bringt genau die Entspannung und Befriedigung, die eine brauchte. Und wenn sich die nicht einstellen, ist frau wenigstens ein paar Nähte weiter.
Der Drill Sergeant sollte auch als argwöhnischer Wärter über geplante Nähzeiten eingeteilt werden. Wenn frau sich Zeit fürs Nähen freigeschaufelt hat, sollte sie alle anderen Störenfriede ausschalten. Alles, was Sie davon abhält, in Flow zu geraten, gehört ausgesperrt. So lustig eine Twitter- oder Facebook-Unterhaltung nebenbei ist, sie teilt Ihre Aufmerksamkeit. Und geteilte Aufmerksamkeit führt nicht zu effektivem Nähen.
Und er sollte auch dann einschreiten, wenn Sie der Auswahl, die Sie zwangsläufig treffen müssen, zu entgehen suchen, in dem sie mehrere Projekte gleichzeitig starten.
Nachsicht ist immer dann gefragt, wenn Sie doch vor dem Alltag kapituliert haben. Manchmal braucht auch die beseelteste Hobby-Schneiderin einen Abend auf der Couch, vorm Kamin, im Schwimmbad … Wenn Sie sich so entschieden haben, genießen Sie es und grämen Sie sich nicht hinterher. Ein Abend, an dem Sie anderweitig neue Kräfte getankt haben oder Ihren Verpflichtungen nachgegangen sind, macht Ihnen den Kopf fürs Nähen frei.
Und Mut? Der ist immer dann gefragt, wenn Sie sich vor Ihrem aktuellen Projekt (oder gar mehreren?) verstecken, weil Sie Probleme sehen oder auch nur befürchten, für deren Lösung Sie sich handwerklich nicht gewappnet fühlen. In dem Falle gilt es: Stellen Sie sich der vermuteten Katastrophe. Oft IST das Problem lösbar. Besonders, wenn Sie sich Hilfe holen: die beste Nähfreundin, die Kursleiterin und wenn Sie absolut freischwebend allein auf weiter Flur nähen, die nächste Schneiderei (natürlich nur zum Beraten). Es gibt Bücher, Videos und Foren da draußen. Fragen Sie sich schlau. Lassen Sie nicht von einem Teil, das Ihnen Schwierigkeiten bereitet, bevor Sie das Problem gelöst haben oder das Werkstück endgültig hinüber ist. (In dem Falle: Versuchen Sie drei Lehren daraus zu ziehen und machen Sie einen Haken dran. Keine gewinnt immer.)
Zurück zur Strategie:
Es gibt Menschen, die arbeiten am Besten, wenn sie sich für lange Strecken in eine Sache vertiefen können. Gehören Sie zu dieser Sorte, dann schaufeln Sie sich eine längere Nähphase frei, in dem Sie andere Aufgaben vorgezogen erledigen.
Es gibt andere, denen fällt es leichter, sich für kurze Zeithäppchen an die Arbeit zu machen, dann auf etwas anderes umzuswitchen und anschließend noch mal zum Nähen zurückkommen.
Für beide Typen gilt: Organisieren Sie sich Ihre Nähprojekte so, dass Sie mit einem Griff alle benötigten Materialien zur Hand haben. Wer seine Nähzeit damit beginnen muss, Kram zusammen zu suchen, hat schon keine Lust mehr. Und vielleicht auch keine Zeit.
Legen Sie einen Laufzettel an, besonders dann, wenn Sie nur in sehr großen Abständen zum Nähen kommen. Notieren Sie auf dem Zettel immer die nächste zu erledigende Aufgabe, bevor Sie Ihr Werkstück wieder verlassen. So garantieren Sie einen schnellen Wiedereinstieg.
Bevor Sie Ihre Nähzeit beenden, machen Sie immer noch einen kleinen Schritt mehr fertig. Außer, es ist 4 Uhr morgens und Ihnen fallen schon die Stecknadeln aus den Haaren.
Seien Sie realistisch in Ihren Planungen. Natürlich kann ein Anlasskleid innerhalb einer Woche entstehen. Aber nicht in einer Woche, in der ein Kind krank, der Partner / die Partnerin auf Dienstreise ist und Sie im Job die Leistung des Jahres erbringen müssen.
Trotzdem ist eine klare deadline ein großer Ansporn.
Genauso wie der Wunsch, ein bestimmtes Schnittmuster, einen bestimmten Schnitt JETZT SOFORT anziehen zu wollen. Wenn Sie es irgend einrichten können, geben Sie diesem Jetztmachenwollen nach. Ja, dafür darf der Wochenendputz schon mal aufgeschoben oder delegiert werden.
Machen Sie sich klar, dass einige Ihrer Projekte daneben gehen werden. Ärgerlich ist das nur, wenn Sie dabei nichts gelernt haben. Menschen, die Mannschaftssport als Hobby betreiben, verlieren auch mal. Bleiben Sie dran, so lange Sie das Gefühl haben, noch etwas zu lernen. Haken Sie es endgültig ab, wenn es sein muss.
Vor allem: Verbringen Sie nicht mehr Zeit mit Zaudern und Zagen. Just sew it!